Geburtenabteilung nach Bregenz? Wie soll das gehen?

Geburtenabteilung nach Bregenz? Wie soll das gehen?
Kreißsaal im Krankenhaus Dornbirn Foto: Stadt Dornbirn

Die Geburtenstation in Dornbirn ist mehr als ein Ort, an dem Kinder zur Welt kommen – sie ist das Herz des Krankenhauses, ein Ort voller Leben, Fürsorge und Vertrauen. Unzählige Frauen aus dem gesamten Land haben hier geboren – sich sicher, respektiert und medizinisch hervorragend betreut gefühlt. Die Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe genießt weit über die Stadtgrenzen hinaus einen vorbildlichen Ruf – nicht nur wegen ihrer modernen Ausstattung, sondern vor allem dank des engagierten, erfahrenen Teams aus Ärztinnen, Hebammen und Pflegekräften, die mit Herz und Kompetenz für Frauengesundheit da sind.

Umso größer ist das Unverständnis über die jüngst kolportierten Pläne, die Geburtenabteilung nach Bregenz zu verlegen. Es ist unklar, ob das Personal diesen Schritt überhaupt mitgehen will – nachvollziehbar, denn mit ihm wurde nicht geredet. Viele Mitarbeiterinnen fühlen sich daher "überrannt", obwohl sie seit Jahren an der plangemäßen Weiterentwicklung der Abteilung gearbeitet haben.

Das Krankenhaus Dornbirn ist Teil der Spitalslandschaft Vorarlbergs – ein starkes Gesundheitsnetzwerk, das gut austariert sein muss, um Qualität, Effizienz und wohnortnahe Versorgung zu sichern. Modernisierung, Spezialisierung und die Bündelung medizinischer Schwerpunkte sind wichtige und notwendige Schritte in einer zeitgemäßen Gesundheitsplanung. Umso bedauerlicher ist es, dass dieser herausfordernde Prozess so schlecht kommuniziert und begleitet wird. So entstehen Verunsicherung, Unverständnis und Ärger.

Dass ein Thema von solcher Tragweite – der Regionale Strukturplan Gesundheit – nicht klar und nachvollziehbar erklärt wird, wirft Fragen auf. Warum werden funktionierende Strukturen und qualifizierte Teams in Frage gestellt? Warum wird kein Entwurf des Plans zur Diskussion gestellt? Das widerspricht den Grundsätzen der öffentlichen Gesundheitsplanung.

Am Krankenhaus Dornbirn gibt es die folgenden Abteilungen:

  • Interne
  • Chirurgie
  • Gynäkologie und Geburtshilfe
  • Kinder- und Jugendheilkunde
  • Orthopädie und Traumatologie
  • Anästhesie und Intensivmedizin

Diese werden ergänzt durch eine Radiologie, eine interdisziplinäre Tageschirurgie und Intensivstation, eine unfallchirurgische Basisversorgung, eine Physiotherapie, eine Nachsorgeeinrichtung sowie Belegabteilungen für HNO und Augen (Belegabteilungen sind von niedergelassenen Ärzten und Ärztinnen betreute Abteilungen im Krankenhaus, die eine kostensenkende Verzahnung von stationärer und ambulanter Versorgung ermöglichen, zum Beispiel für Augenoperationen wie Katarakt / grauer Star).

Über 262 Betten, davon acht ambulante Betreuungsplätze, verfügt das Krankenhaus Dornbirn laut dem aktuell geltenden "Regionalen Strukturplan Gesundheit 2022". Damit ist es die größte Standardkrankenanstalt in Vorarlberg (größer als Bregenz, Hohenems und Bludenz). Feldkirch als Schwerpunktkrankenhaus hat 575 Betten. Rankweil gilt als Sonderkrankenanstalt. Der Regionale Strukturplan Gesundheit folgt dem auf Bundesebene erstellten Österreichischen Strukturplan Gesundheit, der von der Gesundheit Österreich GmbH erstellt wird, einer Tochtergesellschaft des Bundes. Er gilt jeweils für fünf Jahre und ist für den Zeitraum 2026 bis 2030 neu zu beschließen. Ein Planungsgrundsatz für den ÖSG lautet: "Die integrative Versorgungsplanung hat patientenorientiert zu erfolgen. Die Versorgungsqualität ist durch das Verschränken der Gesundheitsstrukturplanung mit einzuhaltenden Qualitätskriterien sicherzustellen." Ein Match zwischen unterschiedlichen Trägern von Krankenhäusern (in Vorarlberg Land und Stadt Dornbirn) ist nicht vorgesehen.

Natürlich geht es im ÖSG (alle Zitate aus dem ÖSG 2023) auch um Kostensenkung: "Die integrative Versorgungsplanung hat insbesondere das Ziel einer schrittweisen Verlagerung der Versorgungsleistungen von der akutstationären hin zu tagesklinischer und ambulanter Leistungserbringung im Sinne der Leistungserbringung am jeweiligen „Best Point of Service“ unter Sicherstellung hochwertiger Qualität zu verfolgen. Die „Best Points of Service” sind mittels Versorgungsaufträgen zu definieren und die richtigen Anlauf- und Weiterbehandlungsstellen sind transparent zu machen."

Deshalb geht es auch um die "Weiterentwicklung des akutstationären und tagesklinischen/tagesambulanten Bereichs insbesondere durch Bündelung komplexer Leistungen an geeigneten Standorten und Überwindung von kleinteiligen Organisationsformen".

Welcher Standort ist in Vorarlberg für die Geburtshilfe am besten geeignet? Welcher hat jedenfalls keine kleinteilige Organisationsform?

Die meisten Kinder in Vorarlberg kommen in Dornbirn zur Welt, derzeit etwa 1.300 pro Jahr. Unabhängig von ihrem Geburtsort, werden sie ghörige Bregenzer, Lustenauerinnen, Feldkircherinnen oder Nüziger...

22 Hebammen, 27 Ärztinnen und Ärzte sowie eine große Zahl an Pflege- und Spezialkräften wie zum Beispiel Stillberaterinnen betreuen die Frauen und Kinder im Krankenhaus Dornbirn. Spezialisierungen gibt es für besonders wichtige Bereiche der Frauengesundheit wie Beckenboden, Brustgesundheit und Unterbauchtumore.

Am besten gibt ein offener Brief der Ärztinnen und Ärzte am Krankenhaus Dornbirn wieder, was dort geleistet wird. Wir zitieren ihn daher in voller Länge:

"An die Gesundheitslandesrätin, Frau Rüscher, MBA MSc

An den Bürgermeister, Herrn Fäßler und Vizebürgermeister, Herrn Dr. Juen

An die Gruppenleitung, Dipl. BW(FH) Frau Andrea Roskosch Schenker

Dornbirn, am 29.10.2025

Stellungnahme der Ärzt:Innen der Gynäkologie und Geburtshilfe des KH Dornbirn zur geplanten Verlegung der Abteilung an das LKH Bregenz

Mit großer Skepsis und völlig überrannt haben wir die Ankündigung zur Kenntnis genommen, dass die Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe am Krankenhaus Dornbirn geschlossen und die Versorgung künftig am Standort Bregenz konzentriert werden soll. Es fällt uns sehr schwer, all unsere Bedenken und Einwände in Worte zu fassen – auch auf Grund der kurzen Zeitspanne von zwei Wochen von der Erstinformation zur Bekanntgabe an die Öffentlichkeit und des Eindruckes der Endgültigkeit. Diese Entscheidung steht in direktem Widerspruch zu allen bisherigen Planungen und Entwicklungen der letzten Jahre und hätte tiefgreifende Folgen für die medizinische Versorgung von Frauen in ganz Vorarlberg.

Seit drei Jahren arbeiten wir gemeinsam mit der Krankenhausleitung, der Pflege und den beteiligten Fachdisziplinen daran, die gynäkologische und geburtshifliche Versorgung schrittweise am Standort Dornbirn zu bündeln. Zahlreiche Schritte sind bereits erfolgt:

– die gesamte gynäkologische Onkologie wurde erfolgreich übersiedelt

– ein Großteil der gynäkologischen Operationen wird heute in Dornbirn durchgeführt

– Rotationsmodelle für Assistenzärztinnen und -ärzte wurden etabliert

– Fachärztinnen und Fachärzte sind bereits teilweise an beiden Häusern tätig, um einen geordneten Übergang zu ermöglichen

Die nun angekündigte Verlegung der Abteilung steht im direkten Kontrast zu allem was bisher kommuniziert und erarbeitet wurde und bedeutet, jahrelange Aufbauarbeit zunichtezumachen.

Dornbirn betreut derzeit ca. 1.300 Geburten pro Jahr und ist damit die größte geburtshilfliche Abteilung des Landes. Der Standort verfügt über die Infrastruktur, die personellen Ressourcen und die interdisziplinäre Einbindung, um eine qualitativ hochwertige Versorgung sicherzustellen. Es gibt drei zertifizierte gynäkologische Zentren – für Beckenboden, Brustgesundheit und gynäkologische Tumorerkrankungen –, die eng mit Chirurgie, Radiologie, Anästhesie, Physiotherapie und spezialisierter Pflege verflochten sind. Diese Zentren garantieren den Patientinnen Versorgung auf höchstem Niveau und erfüllen alle Anforderungen an Qualität und Sicherheit.

Eine Übersiedelung der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe nach Bregenz würde bedeuten, dass diese hervorragend funktionierenden Zentren aufgelöst werden. Sie müssten in Bregenz neu aufgebaut werden und können erst nach Jahren wieder zertifiziert werden. In dieser Zeit stünde der Bevölkerung kein vergleichbares Versorgungsangebot im Unterland zur Verfügung. Aufgrund der hohen Fallzahlen ist eine Übernahme dieser Versorgung durch andere zertifizierte Zentren im Land bei gleichbleibender Qualität kaum vorstellbar. Im Bezug auf das Beckenbodenzentrum ist dies sogar unmöglich, da das Beckenbodenzentrum im KH Dornbirn eines von österreichweit nur 9 zertifizierten Zentren ist und das einzige in Vorarlberg. Geschlossen werden auch die beiden zertifizierten onkologischen Zentren für Brustgesundheit und gynäkologische Unterbauchtumore, in denen nicht nur jährlich 160 Patientinnen mit neudiagnostiziertem Brustkrebs und ca. 50 Patientinnen mit neudiagnostizierten gynäkologischen Unterbauchtumoren behandelt werden, sondern auch alle mit der Grunderkrankung in Zusammenhang stehenden Situationen beispielsweise im fortgeschrittenen Stadium kompetent, interdisziplinär und auf qualitativ höchstem Niveau betreut werden.

Die Abteilung, die seit mehr als 15 Jahren die forensischen Untersuchungen für weibliche Missbrauchsopfer in ganz Vorarlberg mit viel Aufwand und persönlichem Engagement und einem inzwischen ausgezeichneten Expertenwissen durchführt, wird es in dieser Form nicht mehr geben.

Das Signal an die Bevölkerung ist aus unserer Sicht klar zu erkennen: Frauen- und Familiengesundheit scheint keinen großen Stellenwert zu haben.

Wir möchten in aller Klarheit festhalten: Diese Entscheidung ist für uns medizinisch nicht nachvollziehbar, organisatorisch kaum umsetzbar und gesundheitspolitisch ein Rückschritt. Sie gefährdet die Versorgungsqualität, sie schwächt die Ausbildung zukünftiger Fachärztinnen und Fachärzte und sie untergräbt das Vertrauen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in den letzten Jahren mit großem Engagement an der Umsetzung der bisherigen Strategie gearbeitet haben und nicht in die Diskussionen miteinbezogen wurden, sondern innerhalb der letzten zwei Wochen vor vollendete Tatsachen gestellt wurden.

Fachliche Expertise, Erfahrung und Teamstrukturen sind kein beliebig verschiebbares Gut. Wer sie zerstört, verliert mehr als Räume oder Betten – er verliert Kompetenz, Motivation und die Grundlage für eine moderne, sichere Frauengesundheitsversorgung.

Wir appellieren eindringlich an Sie, in den weiteren Entscheidungen die Weichen so zu stellen, dass Qualität, Patientinnensicherheit und Kontinuität der Versorgung im Mittelpunkt stehen.

Das ärztliche Team der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe, Krankenhaus Dornbirn"

Die erste Reaktion einer Ärztin am Landeskrankenhaus Feldkirch auf die Idee, die Frauenheilkunde und Geburtshilfe in Bregenz zu konzentrieren, lautete so: "Feldkirch kann niemals kompensieren, was Dornbirn leistet!! Es ist unmöglich. Bregenz ist seit Jahren heruntergefahren und hat überhaupt keine Infrastruktur dafür."

Die Geburtenstation in Dornbirn steht für Kompetenz, Vertrauen und Nähe. Sie zu schwächen, hieße, genau jenes Herz aus dem Stadtspital zu reißen, das so viele Familien durch die wichtigsten Stunden ihres Lebens begleitet.

Der Regionale Strukturplan Gesundheit ist von der Landeszielsteuerungskommission für Vorarlberg zu beschließen. In dieser Kommission sitzen je fünf Vertreter:innen des Landes und der Sozialversicherung sowie ein:e Vertreter:in des Bundes mit Vetorecht.

Am 6. November 2025 soll der RSG der Öffentlichkeit vorgestellt werden.